World Ethical Electronics Forum Was ist ein Friendly-Licensing-Modell?
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Der Mikrocontroller-Spezialist SEGGER befasst sich bereits länger mit ethischer Elektronik und Nachhaltigkeit. Im Interview erklärt Frank Riemenschneider die Ziele des Unternehmens und was ein Friendly-Licensing-Modell ist.

Das deutsche Unternehmen SEGGER Microcontroller ist bekannt für seine Embedded-Hardware-Tools, Entwicklungs-Suiten und Embedded-Betriebssysteme. Doch hätten Sie gewusst, dass das Unternehmen auch mit ethischer Elektronik und Nachhaltigkeitsproblemen in der Elektronikindustrie beschäftigt? Als Sponsor der Pionierausgabe des World Ethical Electronics Forum (WEEF) am 18. November (14 bis 18 Uhr) unterstreicht SEGGER sein Engagement für Bildung, Nachhaltigkeit und Chancengleichheit. Wir sprachen mit Frank Riemenschneider, Senior Marketing- und PR-Manager, über die Herangehensweise an diese Themen sowie über die neuen technischen Entwicklungen des Unternehmens.
Sie sind an der Pionierveranstaltung des World Ethical Electronics Forum beteiligt. Was hat Ihr Unternehmen an der Veranstaltung WEEF 2021 gereizt?
Das WEEF passt sehr gut zu unserer Unternehmens-DNA. Generell gibt es in diesem Zusammenhang drei Begriffspaare, für die wir stehen: Bildung und Ausbildung, Nachhaltigkeit und Umweltschutz sowie Fairness und Chancengleichheit. Wir haben immer daran geglaubt, dass Ethik eine wichtige Motivation für das Handeln in der Wirtschaft im Allgemeinen sein sollte, also natürlich auch in der Embedded-Industrie, und deshalb begrüßen wir es sehr, dass dieser neue Kongress ins Leben gerufen wurde.
Wie trägt Ihr Unternehmen zum Kampf gegen den Klimawandel bei?
Dazu gibt es zwei Ansätze: Was wir als Unternehmen selbst tun und wie wir anderen helfen können. Fangen wir mit SEGGER selbst an. Wir haben beschlossen, als Unternehmen klimaneutral zu werden, und zwar nicht erst 2030 oder gar 2040, sondern bereits 2021. Wir glauben, dass jedes Jahr zählt, deshalb wollen wir so früh wie möglich damit beginnen.
Um dieses Ziel und die entsprechende TÜV-Zertifizierung zu erreichen, arbeiten wir in energieeffizienten Bürogebäuden mit modernster Technik, die mit Wärmepumpen und Sonnenkollektoren ausgestattet sind. Wir nutzen auch energieeffiziente Verkehrsmittel, zum Beispiel E-Firmenwagen, Plug-in-Hybride und Firmenfahrräder. Außerdem werden unsere Produkte in Monheim, Deutschland, von Mitarbeitern hergestellt, die nach deutschen Sozial- und Ethik-Standards arbeiten.
Aber noch einflussreicher sind unsere Kunden, die Milliarden von Endgeräten produzieren und die von unseren energieeffizienten Produkten und Entwicklungen erheblich profitieren. Und nicht zuletzt unterstützen wir Technologieprojekte zur Emissionsreduzierung, z. B. emissionsfreie Rennwagen.
Erzählen Sie uns von SEGGERs Engagement für Fairness, Integrität, ethisches Verhalten und Compliance.
Das hängt alles zusammen. SEGGER steht für Fairness gegenüber allen Stakeholdern, also Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern, z.B. durch faire Lizenzverträge, gleichberechtigte Zusammenarbeit und, was uns besonders wichtig ist, wir stehen für die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs im Unternehmen.
Wie stellt sich das konkret dar?
Wir engagieren sich sehr stark in der Ausbildung. Leistung wird mit Förderung belohnt. Viele Führungskräfte sind ehemalige Auszubildende, die es durch ihre Leistungen bis an die Spitze des Unternehmens geschafft haben.
Im März 2021 schrieben Sie: „Chancengleichheit und der Kampf gegen den Klimawandel werden unsere Zukunft nachhaltig beeinflussen.“ Wie geht SEGGER mit dem Thema Chancengleichheit um? Und wie hängt das mit dem Klimawandel zusammen?
Aus unserer Sicht besteht ein direkter Zusammenhang, weil wir glauben, dass der Klimawandel nicht durch Verbote, sondern sozialverträglich durch Innovationen bekämpft werden kann und muss. Je mehr junge Menschen die Möglichkeit haben, innovative und energiesparende Geräte zu entwickeln, desto eher werden wir die weltweite Klimaneutralität erreichen. Um die Welt besser zu machen, braucht es Knowhow für zukunftsweisende Projekte.
Dies gilt insbesondere für Softwarepakete, die für die Berufsausbildung und für Tüftler notwendig sind. Leider können sich nicht alle Schulen und Universitäten dieser Welt – und auch nicht alle Studenten oder einfach nur neugierige, technisch interessierte junge Menschen – teure Software leisten, die sie für eine gute Ausbildung benötigen würden. Für diese Menschen haben wir unser Friendly-Licensing-Modell eingeführt, damit jeder unabhängig von seinen finanziellen Verhältnissen mit modernsten Softwarepaketen lernen kann.
Erzählen Sie uns etwas mehr über das Friendly-Licensing-Modell. Wer profitiert davon?
Für die nicht-kommerzielle Nutzung oder zu Evaluierungszwecken können Sie, ganz gleich, wer Sie sind, die Software unter dieser Lizenz kostenlos nutzen. Nicht-kommerzielle Nutzung bedeutet, dass Sie die Software zum Lehren, Lernen, Studieren oder für Projekte nutzen, die keinen kommerziellen Hintergrund haben, und Evaluierung bedeutet, dass Sie die Software für eine mögliche zukünftige Nutzung ausprobieren.
In der Praxis können Studenten, Tutoren, Lehrer oder Privatpersonen unsere Software in Universitäten, Hochschulen, gemeinnützigen Organisationen oder zu Hause verwenden. Hobbyisten können sie für Projekte, Kurse, Lehrveranstaltungen, Schulungen und zur Selbstausbildung verwenden.
Mein Kollege Dirk Akemann wird unser Friendly-Licensing-Modell auf dem World Ethical Electronics Forum am 18. November persönlich vorstellen. Die Teilnahme am WEEF ist für alle Interessenten kostenfrei – siehe WEEF-Link im 1. Absatz.
SEGGER stellt J-Link EDU und J-Link EDU Mini für Bildungszwecke zu sehr günstigen Preisen zur Verfügung. Können Sie etwas über das Engagement des Unternehmens für Bildungseinrichtungen erzählen?
Abgesehen von unserem gesamten Software-Angebot unter Friendly Licensing bieten wir unsere Debug Probes für Ausbildungszwecke zu stark reduzierten Preisen an. Zusammen mit unserer Software kann man sie z.B. in einem Universitätskurs verwenden, um etwas über eingebettete Anwendungen und Systeme zu lehren und zu lernen. Sie können sie auch zu Hause verwenden, um zu lernen, wie man ein eingebettetes System entwickelt.
Kommen wir zur weltweiten Chip-Krise. Wie hat sie sich auf Ihr Unternehmen und die Produktion von Hardware-Tools ausgewirkt?
Wir sind von der Chip-Krise nicht betroffen, weil wir unsere eigene Software emPower OS als Basis für unsere Hardware verwenden. Wie ein zufriedener SEGGER-Kunde bereits erklärt hat, ist man mit emPower OS unabhängig von bestimmter Hardware. Wenn ein Chip nicht mehr verfügbar ist, kann man in kürzester Zeit auf einen anderen wechseln. Davon haben natürlich nicht nur wir profitiert, sondern auch unsere Kunden, denen ein Produktionsstillstand erspart blieb.
Die Chipkrise zeigt sehr deutlich, wie wichtig ein strategisches Obsoleszenz-Management ist. Es bedeutet, die Architektur bereits bei der Produktentwicklung in Bezug auf Hard- und Software modular zu halten, damit keine Abhängigkeiten von bestimmten Chipherstellern oder gar einzelnen Produkten entstehen. Leider haben sich viele Unternehmen aus Kostengründen für die Verwendung von kostenloser Entwicklungssoftware der Chiphersteller entschieden. Dies hat zu einer völligen Abhängigkeit geführt und zu den Folgen, über die wir täglich in der Wirtschaftspresse lesen.
Zu Ihren bekannten Produkten gehören die Entwicklungssuite Embedded Studio und das bereits erwähnte emPower OS, das neben embOS RTOS weitere Komponenten für Connectivity, Security und vieles mehr enthält. Gibt es interessante Neuentwicklungen?
Vor dem offiziellen Launch werde ich hier natürlich keine Produktankündigungen machen, aber ich kann Ihnen sagen, dass wir alle Softwarepakete kontinuierlich weiterentwickeln, so dass sie zunehmend nicht nur für Endkunden, sondern auch für Halbleiterhersteller interessant sind und von diesen lizenziert werden.
Sowohl für Embedded Studio als auch für embOS unterstützen Sie RISC-V-Cores. Planen Sie, sich in den nächsten Jahren noch stärker in diesem System zu engagieren?
Gerade in China, wo wir inzwischen auch mit einer eigenen Niederlassung in Shanghai vertreten sind, erlebt RISC-V einen gigantischen Aufschwung. Jede Woche werden neue Chiphersteller gegründet, die CPUs auf Basis von RISC-V entwickeln. Aber auch in den USA erleben Hersteller wie der Marktführer SiFive einen Nachfrageschub und namhafte große Chiphersteller implementieren neben Arm-CPUs auch RISC-V-Cores auf ihren SoCs.
Unsere Laufzeitbibliothek emRun für RISC-V ist so gut, dass neben anderen Herstellern wie Haawking in China auch SiFive sie für die eigene IDE lizenziert hat, um die Codegröße zu reduzieren und schnelleren Code zu generieren.
RUST ist ein Schlagwort in der Hardware-Programmierszene. Es ist eine Sprache, die viele der Sicherheitsrisiken von C überwinden kann. Planen Sie in naher Zukunft die Unterstützung von RUST?
Wie gesagt, ich darf hier keine zukünftigen Produktankündigungen machen, also kann ich dazu leider nichts sagen. Aber lassen Sie mich ein paar Worte zum Thema Sicherheit sagen: Sicherheit ist in allen Bereichen ein großes Thema und wird mit dem IoT immer wichtiger. EmCrypt und emSecure, ebenfalls Teil von emPower OS, decken all diese Algorithmen ab – wir verkaufen sie als Produkte, aber wir verwenden die Bibliotheken auch in unseren Debug Probes und Flashern.
Bei den Debug Probes hat ARM sichere und unsichere Modi, und es gibt einen klaren Trend in diese Richtung, ebenso wie bei den Flashern. Es gibt eindeutig mehr Bedarf an Verschlüsselung und Authentifizierungs-Zertifikaten. Es gibt nicht den einen Weg, und unser Ziel ist es, alle Optionen zu unterstützen.
Glauben Sie, dass künstliche Intelligenz das Programmieren in Zukunft einfacher und sicherer machen kann? Beschäftigen Sie sich mit KI?
Beim Thema KI in Embedded-Anwendungen stehen wir noch ganz am Anfang, so dass es nicht gut wäre, zum jetzigen Zeitpunkt generelle Aussagen darüber zu treffen, inwieweit die Softwareentwicklung sicherer oder einfacher werden wird.
Fakt ist, dass wir im ständigen Austausch mit unseren Kunden und Geschäftspartnern über deren Anforderungen stehen und sie auch in Zukunft bei der Entwicklung ihrer Anwendungen unterstützen werden, egal mit welchen Methoden diese entwickelt werden.
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