Eine Steuerung für die offene Automation auf Linux-Basis

Von Dennis Koch * |

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PLCnext Control AXC F 3152 heißt diese neue Steuerung für die offene Automation, das IoT und die Cloud-Kommunikation, die sich von der althergebrachten SPS-Technik grundsätzlich unterscheidet.

Bild 1: Das PLCnext-Ecosystem besteht aus den vier Elementen PLCnext Control, PLCnext Engineer, PLCnext Store und der PLCnext Community.
Bild 1: Das PLCnext-Ecosystem besteht aus den vier Elementen PLCnext Control, PLCnext Engineer, PLCnext Store und der PLCnext Community.
(Bild: Phoenix Contact Electronics)

Um die Flexibilität der PLCnext Technology zu erkennen, muss man wissen, dass konventionelle SPS-Systeme durch proprietäre Laufzeitsysteme geprägt sind. Aufgesetzt auf unterschiedliche Betriebssysteme übernehmen sie die Programmausführung in Echtzeit und den konsistenten Prozessdatenaustausch.

Dieser Nutzen der althergebrachten SPS-Systeme bringt in der modernen Automatisierungstechnik jedoch vermehrt Nachteile. Es lassen sich Anforderungen an zukünftige Applikationen nicht oder nur mit großem Aufwand erfüllen. Beispiele sind die Integration eines neuen Protokoll-Stacks (wie MQTT), die Anbindung einer Datenbank oder der Betrieb der Plattform Node.js auf der Steuerung. Sie benötigen oftmals den Zugriff auf Funktionen aus der Betriebssystem-API, die allerdings durch die Laufzeitumgebung gekapselt werden.

Die Nachteile dieser proprietären Laufzeitsysteme hat Phoenix Contact mit der Struktur „PLCnext Technology“ beseitigt und eine herstelleroffene Automatisierungsplattform geschaffen, die besonders den IoT-Anforderungen entspricht. Quasi als ein Ecosystem kombiniert sie Steuerungs-Hardware, modulare Engineering-Software sowie die Cloud-Anbindung und ermöglicht damit eine einfache Adaption an sich verändernde Automatisierungsaufgaben. Auf diese Weise ist eine clevere Kombination von Automatisierungs- und IoT-Ansprüchen in einem einzigen Gerät realisierbar. Neben der Steuerungs-Hardware selbst gehören zur PLCnext Technology: die modulare Software-Plattform PLCnext Engineer, der digitale Marktplatz PLCnext Store, die PLCnext Community sowie die Option einer systemischen Cloud-Integration.

Mit der Firmware-Architektur setzt Phoenix Contact auf eine Linux-Plattform, die sowohl die Nutzung von IEC61131-Code als auch zahlreicher Hochsprachen (etwa C, C++, Python oder C#) und Regelalgorithmus-Modellen in Matlab Simulink zulässt. Ein Steuerungsprogramm kann aus lediglich einer oder aber einem beliebigen Zusammenspiel der aufgelisteten Programmiersprachen bestehen. Die Anwender können also in der von ihnen präferierten Umgebung arbeiten, was die Codeerstellung deutlich beschleunigt (Bild 1).

Flexible Systemarchitektur

Neben der beschriebenen Kombination lassen sich Linux-Programme ohne die Verwendung der PLCnext Runtime direkt durch das Betriebssystem verwalten. Die freilaufende, durch Events gesteuerte Linux-Anwendung kann ebenfalls auf die Prozessdaten der in Echtzeit ausgeführten Programme zugreifen.

Als besonders komfortabel erweist sich, dass Hochsprachenprogramme nicht mehr in eine IEC61131-Task eingebunden werden müssen. Der Execution and Synchronisation Manager (ESM) der PLCnext Runtime sorgt durch ein patentiertes Task Handling dafür, dass Hochsprachen-Code, Matlab Simulink-Modelle und IEC61131-Applikationen in einer definierten und zeitlich deterministischen Reihenfolge ausgeführt werden. Für jeden Kern des Prozessors Atom E3930 Dual Core mit einer Taktfrequenz von 1,3 GHz steht ein separater ESM bereit. So lassen sich die Programme vom Anwender bewusst auf die beiden CPU-Kerne aufteilen, um Aufgaben zu entkoppeln oder Performance-Reserven für einzelne Programme sicherzustellen.

Zykluskonsistenter Datentransfer

Zum Datenaustausch zwischen den in verschiedenen Sprachen generierten Programmen und der IEC-Programmierung umfasst die PLCnext Runtime den Global Data Space (GDS). Dabei handelt es sich um ein Shared Memory, der einen zykluskonsistenten Datentransfer zwischen den einzelnen Programmelementen und der I/O-Ebene garantiert. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, welche Priorität einer Task zugeordnet wurde oder welche Programmelemente sie enthält. Über den gesamten Task-Zyklus liegt somit ein konsistentes Prozessabbild vor (Bild 2).

Bild 2: 
Mit dem Scheduler „Execution and Synchronisation Manager“ lassen sich Hochsprachen- und IEC61131-Programme zyklisch und deterministisch abarbeiten.
Bild 2: 
Mit dem Scheduler „Execution and Synchronisation Manager“ lassen sich Hochsprachen- und IEC61131-Programme zyklisch und deterministisch abarbeiten.
(Bild: Phoenix Contact Electronics)

Die PLCnext Technology ist thematisch in zwei Bereiche geteilt: in die überlagerte Bedienebene und die darunter liegenden Kommunikationsnetzwerke. Zum einen kann der Anwender im Programmier-Tool PLCnext Engineer eine HTML5-basierte Visualisierung erstellen, die auf dem in die Steuerung eingebauten Web-Server abläuft und über einen Browser auf dem jeweiligen Bedienterminal angezeigt wird.

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Zum anderen besitzt die neue Steuerung AXC F 3152 einen OPC-UA-Server, sodass über den Kommunikationsstandard OPC UA aus allen Richtungen auf die PLCnext Control zugegriffen werden kann. Der OPC-UA-Server bildet sämtliche Informationen ab, die im Global Data Space (GDS) ausgetauscht werden. Der Zugang gestaltet sich hierbei vollkommen transparent. Sowohl der OPC-UA-Server als auch der Web-Server arbeiten außerhalb des Echtzeitkontextes des AXC F 3152 und sind deshalb nicht zykluskonsistent.

PLCnext Store : App-basierte Applikationserstellung

Als digitaler Software-Marktplatz stellt der PLCnext Store unterschiedliche Apps zur Verfügung. Darunter fallen ausprogrammierte Anwendungen, Software-Bibliotheken oder eine alternative Laufzeitumgebung. Das stetig wachsende Angebot umfasst sowohl Apps von Phoenix Contact als auch von Dritt-Anbietern. Auf diese Weise kann der Anwender vollständig erstellte Applikationen auf den AXC F 3152 laden, die keine weitere Programmierung erfordern, sondern nur eine Konfiguration über das Web-Interface.

Bild 3: 
Der PLCnext Store stellt Software-Applikationen bereit, mit denen eine auf der PLCnext Technology basierende Steuerung funktional erweitert oder der Engineering-Prozess beschleunigt werden kann.
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Der PLCnext Store stellt Software-Applikationen bereit, mit denen eine auf der PLCnext Technology basierende Steuerung funktional erweitert oder der Engineering-Prozess beschleunigt werden kann.
(Bild: Phoenix Contact Electronics)

Darüber hinaus lässt sich Software und Knowhow aus der immer größer werdenden Open-Source-Community nutzen, um den Funktionsumfang der Steuerung zu erweitern (Bild 3). Als Zugang zum IoT bietet die PLCnext Technology die Möglichkeit der systemischen Cloud-Integration. Die Anbindung kann einerseits über die im PLCnext Store erhältlichen Apps wie AWS IOT Client, IXON Cloud Connector oder MQTT Client erfolgen.

Mit der Proficloud steht außerdem eine eigene Lösung von Phoenix Contact bereit. Über die Proficloud lassen sich die global verteilten Teilnehmer eines Profinet-Netzwerks miteinander koppeln. Neben seiner Echtzeitfähigkeit für die Feldebene ermöglicht der Kommunikationsstandard den Anschluss von Geräten über das TCP/IP-Protokoll an Cloud-Systeme. Die Profinet-Telegramme der Anwenderschicht werden mit Hilfe des TCP/IP-Protokolls über das Internet weitergeleitet. So können die in verschiedenen Anlagen installierten PLCnext Controls ihre Daten über das Internet in die Proficloud senden.

Abgesehen von einem zukunftssicheren Konzept, bestehend aus Hardware, Software und Cloud-Lösungen, profitieren Nutzer des Ecosystems PLCnext Technology von einer wachsenden Community. Sie stellt alle Informationen rund um die PLCnext Technology gebündelt zur Verfügung, etwa Anwendungsbeispiele, Handbücher, Anleitungen, Tutorials und Lernvideos sowie FAQs oder Software-Downloads.

Bild 4: Die PLCnext Community stellt alle Informationen zur PLCnext Technology konzentriert an einem Ort zur Verfügung.
Bild 4: Die PLCnext Community stellt alle Informationen zur PLCnext Technology konzentriert an einem Ort zur Verfügung.
(Bild: Phoenix Contact Electronics)

Im PLCnext-Steuerungsportfolio von Phoenix Contact ist der Controller AXC F 3152 (Bild 4) zwischen den bereits etablierten Controllern AXC F 2152 und RFC 4072S positioniert. Diese neue SPS eignet sich somit zur Realisierung anspruchsvoller Applikationen ohne Safety-Anforderungen. Neben der Software-seitigen Erweiterbarkeit lässt sich der Controller AXC F 3152 funktional um bis zu zwei PLCnext Extention Modules ergänzen. Zu diesem Zweck werden die Module links an die Steuerung angereiht. Aktuell sind eine Ethernet- und eine Interbus-Extention erhältlich.

Bild 5: Beim AXC F 3152 handelt es sich um die performanteste PLCnext-Steuerung im Axioline-System.
Bild 5: Beim AXC F 3152 handelt es sich um die performanteste PLCnext-Steuerung im Axioline-System.
(Bild: Phoenix Contact Electronics)

Mit dem Ethernet-Extention-Modul bekommt der Controller ein zusätzliches Gigabit-fähiges Netzwerk-Interface, sodass er gleichzeitig mit bis zu vier getrennten Netzwerken kommunizieren kann. Das Interbus-Extention-Modul umfasst einen vollwertigen Interbus-Master und erlaubt den Betrieb von maximal 512 Interbus-Fernbusteilnehmern am Controller AXC F 3152. In Zukunft wird das PLCnext-Portfolio um weitere Extention-Module ausgebaut, beispielsweise um einen Profibus-Master. Die Projektierung sämtlicher Erweiterungsmodule erfolgt über die Software PLCnext Engineer.

Wie alle Steuerungen von Phoenix Contact wird auch der Controller AXC F 3152 mit der modularen Engineering-Umgebung PLCnext Engineer projektiert. Das intuitive User Interface sorgt für einen schnellen Einstieg in die Code-Erstellung. Durch die Verwendung von Automatisierungsmodulen und einer objektorientierten Programmierung gestaltet das Tool den Engineering-Prozess effizient.

Bild 6: PLCnext Engineer optimiert den Engineering-Prozess durch ein intuitives User Interface sowie die Bündelung verschiedener Engineering-Möglichkeiten in einem Tool.
Bild 6: PLCnext Engineer optimiert den Engineering-Prozess durch ein intuitives User Interface sowie die Bündelung verschiedener Engineering-Möglichkeiten in einem Tool.
(Bild: Phoenix Contact Electronics)

Die lizenzfreie Grundversion lässt sich um Add-ons ergänzen, etwa um das Engineering Tool für funktionale Sicherheit. Von der Code-Generierung gemäß IEC 61131 über die Programmierung von Safety-Komponenten bis zur HTML5-basierten Web-Visualisierung lässt sich die gesamte Projektierung in einer einzigen Engineering-Umgebung umsetzen (Bild 6).

Integrierte Zugriffssicherheit

Ein umfassendes, tiefgreifendes Security-Konzept bildet die Grundlage, um Maschinen und Anlagen vor unbefugten Zugriffen und Gefährdungen zu schützen. Zukünftig müssen die branchenspezifischen Anforderungen an die IT-Security noch stärker beachtet werden. Von heutigen Systemen wird die Integrität, Verfügbarkeit und vor allem Vertraulichkeit sämtlicher Daten verlangt. Zur Erfüllung dieses Anwenderanspruchs bietet die PLCnext Technology ein Security-by-Design. Die Hard- und Software wird dementsprechend vorab so entwickelt, dass sie möglichst robust und unempfindlich gegen Cyber-Attacken ist. Hierzu werden die Sicherheitsaspekte gemäß der weltweit führenden Security-Norm IEC 62443 realisiert.

Schon derzeit beinhaltet die PLCnext Technology weitreichende Security-Eigenschaften wie ein rollenbasiertes User Management, die Unterstützung von VPN-Funktionalität und eine Zertifikatshandhabung. Zu diesem Zweck besitzt der Controller AXC F 3152 ein Trusted-Platform-Modul, kurz TPM. Das ist ein Chip, der grundlegende Sicherheitsfunktionen auf Hardware-Basis bereitstellt. Mit diesem TPM lassen sich Kryptografie-Schlüssel sicher erzeugen und derart speichern, dass sie nicht durch Dritte verändert werden können.

Neben einem SD-Karten-Steckplatz zur Erweiterung des internen Flash-Speichers hat die Steuerung drei Gigabit-fähige Ethernet-Schnittstellen. Durch die Netzwerk-Interfaces Intel I210 sind zwei davon zusätzlich für die TSN-Kommunikation (Time Sensitive Networking) vorbereitet. Aufgrund von getrennten Schnittstellen für die Profinet-Controller- und Profinet-Device-Funktionalität lassen sich große Profinet-Netze einfach segmentieren.

* B.Eng. Dennis Koch arbeitet im Produktmanagement Control Systems, Phoenix Contact Electronics, Bad Pyrmont.

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