Die beliebtesten Programmiersprachen 2019
Ob Smartphone-Kameras, Web-Applikationen oder Echtzeit-Betriebssysteme in Industriesteuerungen: Ohne Software sind viele alltäglich gewordene Anwendungen in ihrer modernen Form undenkbar. Doch welche Programmiersprache bildet die häufigste Code-Basis?
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Seit 2014 stellt IEEE Spectrum alljährlich eine Übersicht der am meisten genutzten Programmiersprachen zusammen. Dabei berücksichtigt und gewichtet das Fachmagazin des Institute of Electrical and Electronics Engineers die verschiedenen Bereiche, für die die Software gedacht ist. Denn während manche Programmiersprachen sich etwa nahezu gleichermaßen für Web-Applikationen, Mobilgeräte wie Smartphones und Tablets, oder den ressourcenschonenden Embedded-Einsatz auf Mikrocontrollern eignen, sind andere populäre Sprachen auf die Rechenleistung und hohe Speicherverfügbarkeit von Desktop-Systemen angewiesen.
Steht Python über allem?
IEEE bewertet die Sprachen mit einer gewichteten Skala. Die vom Magazin als am meisten genutzte Programmiersprache erhält einen Index von 100 Punkten. Die folgenden Sprachen werden dann gemäß ihrer relativen Verbreitung in Relation dazu gelistet.
Wie bereits 2018 erhielt demnach auch Python im diesjährigen IEEE-Ranking eine Gewichtung von 100 Punkten. Etwas überraschend ist aber, wie deutlich der Vorsprung der multiparadigmatischen Programmiersprache gegenüber dem restlichen Umfeld geworden ist: 2018 hatte beispielsweise noch C++ den zweiten Platz eingenommen, lag allerdings mit einem relativen Wert von 99,7 Punkten mit Python nahezu gleichauf. 2019 ist C++ dagegen im Vergleich stark abgestürzt und kommt mit einem Wert von 87,5 gerade einmal noch auf den vierten Platz. Als zweithäufigst eingesetzte Sprache gilt dank seiner starken Präsenz in Desktop-, Mobile- und Web-Anwendungen nun Java mit 96,3 Punkten, gefolgt vom „Klassiker“ C, der sich mit 94,4 Punkten wieder auf den dritten Platz vorgearbeitet hat.
In seinem ersten Ranking vor 5 Jahren hatte IEEE Spectrum noch Programmiersprachen wie Objective-C, Ruby und PHP unter den Top Ten aufgeführt. Erstere boomten vor allem im Mobile-Bereich insbesondere bei iOS-Anwendungen, während die Skriptsprache PHP vor allem bei Webbasierten Datenbanken eine große Rolle spielte. 2019 scheinen sie im Vergleich zu 2014 in ihrer Bedeutung massiv eingebüßt zu haben: Verglichen mit Python kommt PHP inzwischen nur noch mit 65,1 Punkten auf Rang 13, während es Ruby mit 55,1 Punkten gerade noch in die Top 20 (mit Rang 19) geschafft hat.
Objective-C, das vor wenigen Jahren noch als eine der kommenden wichtigen Programmiersprachen gehandelt wurde, scheint hingegen kaum noch eine Rolle zu spielen. Im IEEE Spectrum Ranking ist die Sprache in der Bedeutung auf den 26. Rang zurückgefallen und liegt damit hinter spezialisierten, reinen Desktop-Sprachen wie Visual Basic, SAS, Shell oder der mathematisch-wissenschaftlichen „Julia“.
Das liegt unter anderem daran, dass speziell für moderne Mobile-Anwendungen das deutlich leichter portierbare, C und C++ kompatible Swift speziell bei iOS und MacOS-Software einen deutlich höheren Stellenwert gewonnen hat. Auch das von Google unterstützte Go findet sich als Neuzugang mit 68.0 Punkten erstmals in den Top 10 wieder. Das vollständige Ranking mit 52 aufgeführten Programmiersprachen ist online auf den Seiten von IEEE Spectrum einsehbar.
Hardware-Fokus von Bedeutung
Das Ranking von IEEE Spectrum umfasst alle Programmiersprachen, die zur Unterstützung sowohl von Hard- als auch von Softwareanwendungen im Bereich Elektronik und Elektrotechnik eingesetzt werden. IEEE generiert sein Ranking basierend auf 11 Kennzahlen aus acht Quellen, darunter The IEEE, Reddit, Stack Overflow, Twitter, Google, GitLab, CareerBuilder, Hacker News und GitHub.
Das erklärt, warum sich das IEEE Spectrum Ranking in gewissen Punkten deutlich von den Ranglisten anderer Organisationen unterscheidet. So präsentiert beispielsweise auch TIOBE halbjährlich ein eigenes Ranking an rein software-spezifischen Programmiersprachen. Da die Hardware nicht im Blickfeld steht, ist das vergleichsweise ressourcenhungrige Java im TIOBE-Ranking die am häufigsten verwendete Sprache.
Im weiteren Verlauf folgen C, Python und C++. Auch Sprachen wie C#, Visual Basic.NET, SQL, PHP und Objective-C haben in Software-fokussierten Rankings wie bei TIOBE oder dem PYPL-Index (Popularity of Programming Languages) einen deutlich höheren Stellenwert, da sie weit häufiger in IT-Systemen anzutreffen sind, aber im Embedded-Spektrum eine relativ geringe bis keine Bedeutung besitzen.
Was hat sich bei Programmiersprachen verändert?
Woher aber kommen die Veränderungen in der Popularität, speziell wenn man Hardware- bzw. Embedded-Anwendungen in Betracht zieht? Bei einigen Sprachen, wie etwa Ruby und Ruby on Rails, hat sich herausgestellt, dass die Laufzeit- und Bootgeschwindigkeit einfach nicht schnell genug sind, um ein kommerzielles Produkt in vollem Umfang zu unterstützen. Für andere Sprachen, wie PHP, war die schlechte Security und die große Zahl an Cyberattacken ein großer Faktor. Große Unternehmen wie Facebook nehmen inzwischen großen Abstand davon, die Sprache weiterhin zu nutzen.
Python, Java, JavaScript und C sind dagegen vielseitige Sprachen, die sie weit verbreitet halten. Speziell für Python gibt es viele spezialisierte Bibliotheken, die auch moderne Anwendungsfelder wie maschinelles Lernen, Deep Learning (Theano), KI und Hersteller-Bibliotheken für Mikrocontroller und kleine Computer wie Adafruit, Arduino und Raspberry Pi unterstützen. Es enthält auch Bibliotheken, die es dem Python-Code ermöglichen, mit anderen Produkten und Bibliotheken wie Googles Tensor Flow und dem Microsoft Cognitive Toolkit zusammenzuarbeiten, was die Python vor allem für Koexistenz mit anderen Sprachen innerhalb derselben Anwendung interessant macht. Gleichzeitig gilt das flexible Python als eine relativ leicht zu erlernende Sprache, die gleichzeitig die Sicherheit bietet, die in der heutigen Welt der großen Datenmengen erforderlich ist.
Es gibt noch einige andere Faktoren, die die Popularität von Programmiersprachen beeinflusst haben dürften. Security spielt dabei gewiss auch eine große Rolle, was den Absturz von Sprachen wie SQL oder PHP erklärt.
Hinzu kommt die Popularität von mobilen Geräten: 2018 besaßen laut Statista etwa 57 Millionen der 83 Millionen Einwohner Deutschlands (64,5%) ein Smartphone und immerhin 18,92 Millionen (21,4%) ein Tablet. In den USA liegen diese Anteile sogar bei 70% bzw. 50% der Bevölkerung. Von diesen mobilen Nutzern verbrachten 90% ihrer Zeit im Internet mit einer App und nicht mit dem Internet. Das wirkt sich auf die Popularität von Sprachen aus, die sich besonders für den Einsatz in Embedded- bzw. mobilen Geräten eignen – und vor allem die dort eingesetzten Hardware-Ressourcen ideal zu nutzen verstehen.
Wearables und so genannte Smart Devices, die alltägliche Funktionen unterstützen, erfreuen sich zunehmender Beliebtheit: von Schlaf- oder Fitness-Aktivitätsmonitoren über Smartwatches bis hin zu Wearables, die die Körperhaltung überprüfen. Diese Gerätegattung hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung für den Massenmarkt zugelegt. Im Vergleich dazu geht der Absatz von Desktop-Computern mehr und mehr zurück. Das wirkt sich entsprechend auf Programmiersprachen aus, die sich rein an Standard-Desktop-basierte Software wendet.
In den letzten zehn Jahren hat sich viel verändert, und auf dem Weg in eine immer stärker vernetzte Zukunft werden sich weitere Veränderungen ergeben. Im Moment werden die Sprachen, die am vielseitigsten und sichersten sind, die am häufigsten verwendeten bleiben. Aber wer weiß, welche zukünftigen Trends sich auf die Verbreitung und Popularität bestimmter Programmiersprachen weiter auswirken werden.
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