KI-Technologie im internationalen Vergleich: Wo steht Deutschland?

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Was ist der weltweite technische Stand in KI und Machine Learning – und wo steht Deutschland im internationalen Vergleich? Der Beitrag zeigt unter anderem auf, was heute schon mit optimierten CNN-Netzwerken möglich ist und was wir in der nächsten Generation erwarten können.

Künstliche Intelligenz (KI) ist seit einigen Jahren der Megatrend in der Technologiewelt. Dieser Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die KI- und Machine Learning- (ML) Landschaft und untersucht, wo Deutschland im Vergleich zum Rest der Welt steht.
Künstliche Intelligenz (KI) ist seit einigen Jahren der Megatrend in der Technologiewelt. Dieser Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die KI- und Machine Learning- (ML) Landschaft und untersucht, wo Deutschland im Vergleich zum Rest der Welt steht.
(Bild: Clipdealer)

Künstliche Intelligenz ist aktuell in Technik und Wirtschaft das Schlagwort überhaupt. In den vergangenen beiden Jahren (2017 und 2018) hat die Presse über eine Reihe bemerkenswerter Projekte berichtet. Diese sind ein Beleg dafür, dass KI und ML in Sachen technologische Innnovation ganz vorne liegen. Als 2017 Alpha Go von Google DeepMind in einem Go-Turnier über 5 Runden den Go-Meisterspieler Lee Sedol besiegt hat, war dies in aller Munde. Mit so erfolgreichen Produkten wie Amazon Alexa wird sich die KI jedoch nachhaltiger auf unser tägliches Leben auswirken. Jeff Bezos erläuterte auf einer Gala der Internet Association in Washington, DC: „… Wir befinden uns in einem goldenen Zeitalter. Wir lösen Probleme mit maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz – beides galt in den vergangenen Jahrzehnten noch als Science Fiction. Natürliche Spracherkennung, Probleme bei der Bilderkennung - es ist wirklich eine erstaunliche Renaissance.“ 1, 2

Fachleute sind davon überzeugt, dass KI die Art und Weise, wie wir interagieren und Geschäfte machen, in den nächsten Jahren maßgeblich beeinflussen und verändern wird. Andrew Ng,  ehemals Wissenschaftler bei Baidu, Mitbegründer von Coursera und Professor an der Stanford-Universität, stellte vergangenes Jahr fest: „So wie die Elektrizität vor 100 Jahren fast alle Industrien transformiert hat, wird die Künstliche Intelligenz nun nahezu jede große Branche verändern.” 3

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KI-Landschaft und weltweite Investitionen

In den letzten zwei Jahren wurden enorme Summen in KI und ML investiert. Zahlreiche Startups und Anwendungsbereiche, die auf Machine Learning basieren, sind entstanden - und es werden immer mehr. Nach einer Studie von Moor Insights vom März 2017 wurden 1.700 Machine Learning Startups von mehr als 2.300 Investoren gefördert4. CB Insights berichtet von einer Gesamtförderung von Unternehmen und Startups, die sich mit KI befassen, in Höhe von 14,9 Mrd. US-$ seit 2012, verteilt auf über 2.250 Transaktionen .5

Viele der Top-Hightech-Player, wie z.B. Google, Facebook, Apple, Amazon oder Intel, investieren strategisch in KI-Knowhow. Dabei ist Google mit (Stand Dezember 2017) 11 Firmenübernahmen am aktivsten, gefolgt von Apple mit 7 Übernahmen bis Ende 2017. Etwas später in den Wettlauf um KI-Knowhow ist z.B. Ford im März 2017 mit der Übernahme von Argo AI für 1 Mrd. US-$ eingestiegen.

Diese Zahlen bilden lediglich die Investitionen in Übernahmen seitens der Großkonzerne ab. Der McKinsey-Bericht vom Juni 2017 schätzt das weltweite Investitionsvolumen in KI für 2016 auf 20-30 Mrd. US-$, davon fließen 90% in F&E und Deployment und 10% in KI-Akquisitionen6.

China investiert massiv in KI-Technologie

Laut der jüngsten Berichte dieses Jahres liegt China im weltweiten Streben nach der Spitze erstmals vor den USA, was KI-Investitionen betrifft. Fast 50% der Investitionen, die 2017 weltweit in KI-Startups getätigt wurden, flossen in die chinesische KI-Startup-Szene.

China verfolgt seine KI-Strategie sehr aggressiv und hat in manchen Bereichen der KI die Nase klar vor den USA. Die chinesische Regierung propagiert einen umfassenden, futuristischen KI-Plan, von intelligenter Landwirtschaft und Logistik bis hin zu Militäranwendungen und neuen Beschäftigungsmöglichkeiten, die aus der KI erwachsen. Ein Teil der Förderungen geht an innovative, in China ansässige Startups, die KI für verschiedene Branchen entwickeln - von Healthcare bis hin zu den Medien7.

Wirtschaftliche Vorteile von KI und mögliche Auswirkungen auf das weltweite Wirtschaftswachstum

Es wird lebhaft darüber diskutiert, wie viele Arbeitsplätze in der Industrie oder im öffentlichen Leben der KI zum Opfer fallen werden. Weiter angeheizt wird diese Debatte durch Ankündigungen wie die von Uber, bis 2020 selbstfahrende Taxis einzuführen, sowie die Pläne der japanischen Regierung, die Beförderung der Gäste und Athleten von Olympia 2020 einem fahrerlosen Robotertaxi-Service anzuvertrauen8.

Ein Bericht von Capgemini Consulting zeichnet jedoch ein anderes Bild. Er liefert Daten und Zahlen darüber, wie sich der Einsatz von KI-Technologie langfristig auf die Industrie und den öffentlichen Sektor auswirken wird. Der Bericht “How AI Boosts Industry Profits and Innovations”9 prognostiziert, dass KI bis 2035 das Wirtschaftswachstum über 16 Branchen um durchschnittlich 1,7 Prozentpunkte steigern wird.

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Laut diesem Bericht könnten KI-Technologien die Arbeitsproduktivität um 40% oder mehr anheben und somit das Wirtschaftswachstum in 12 Industrieländern, die weiterhin talentierte und erfahrene Fachkräfte in diesen Bereich ziehen, verdoppeln.

Für Fachleute ist KI ein Produktionsfaktor, der potentiell neues Wachstum schaffen und die Arbeitsweise in vielen Industrien verändern wird.

Top-Trends und Märkte für Künstliche Intelligenz und Machine Learning

Mit über 1.700 Startups in den verschiedensten Branchen ist kaum zu überblicken, in welchem Umfang KI-Technologien schon implementiert wurden. Etliche Beraterfirmen und Webseiten präsentieren farbenfrohe Auflistungen mit Firmenlogos (z.B. Harvard Business Review10 oder O'Reilly11). Einen Überblick über die wichtigsten Anwendungsbereiche gibt die nachfolgende Darstellung aus dem neuesten CB Insights Bericht über die Top-100 KI-Startups, die man sich für 2018 merken sollte.

Auch die Anwendungen, in denen KI vornehmlich zum Einsatz kommt, sind dargestellt. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, alle Bereiche detailliert zu beleuchten; zu einigen interessanten Branchen und Trends werde ich jedoch etwas mehr Informationen liefern.

KI in Automobilbranche, Finanztechnologie und Versicherungswesen

Besonders in Europa und Deutschland hat die Automobilbranche großes Interesse an KI. AImotive, Nexar und drive.AI sind nur einige der neuen Firmen, die sich Knowhow und Renommee mit KI-basierten Technologien für selbstfahrende Autos aufbauen. Die Autohersteller BMW, Tesla und Toyota sind führend, was Robotik für selbstfahrende Autos angeht. Laut McKinsey-Bericht13 will Toyota 1 Mrd. US-$ in den Aufbau eines neuen KI-Forschungsinstituts für die Entwicklung selbstfahrender Autos investieren.

Die Finanztechnologie (kurz: FinTech) hat mit die Nase vorne, was den Einsatz von KI betrifft. In dieser Branche liegen die Vorteile – z.B. genauere und schnellere KI-basierte Betrugserkennung - klar auf der Hand. McKinsey prognostiziert hier für 2020 ein Marktvolumen von 3 Mrd. US-$ (McKinsey Global Institute, Juni 2017; AI the next digital Frontier, Seite 14).14 Im Bericht von CB Insights liegen die FinTech- und Versicherungsbranche 2017 an der Spitze, mit 30 Transaktionen allein im ersten Quartal (CB Insights Report, Feb. 2017, The State of AI 2017, Seite 14).15

Kensho Technologies ist ein gutes Beispiel aus der KI-Liste (siehe Bild 3: Top 100 KI-Startups nach Branche, Quelle: CB Insights Report, Feb. 2017, The State of AI 2017). Die in New York City ansässige Firma entwickelt skalierbare Maschinenintelligenz und Analytics-Systeme, die bei Regierungsstellen und Handelsunternehmen zum Einsatz kommen. Fortune kürte Kensho 2016 zu einer der 5 heißesten FinTech-Firmen sowie zum innovativsten FinTech-Unternehmen der Welt. Auf dem Weltwirtschaftsgipfel 2017 in Davos wurde Kensho zudem als „Technology Pioneer“ und eine der innovativsten Technologie-Firmen der Welt ausgezeichnet.16

KI im Gesundheitswesen, in der Prozessautomatisierung und im Industrial Internet of Things (IIoT)

KI wird enorme Auswirkungen auf das Gesundheitswesen haben. Sie kann im Zusammenspiel mit Computer Vision und Bilderkennung Ärzten helfen, präzisere Diagnosen zu stellen, die Ausbreitung von Krankheiten vorherzusagen und individuelle Behandlungspläne auszuarbeiten. Mithilfe von ML lassen sich Muster aus großen Mengen von Patientendaten, Epidemie-Statistiken und sonstigen Daten erkennen.

Auf Basis von optimierter Rechenleistung kombiniert mit ML können die Kosten für Genomanalysen und -kalkulationen erheblich gesenkt werden. Das Unternehmen Aidoc Medical aus Israel ist ein sehr gutes Beispiel hierfür. ML unterstützt dort in der Radiologie die Auswertung von Befunden aus CT-Scans. Aidoc verkündete kürzlich (20.02.2018) die weltweit erste umfassende KI-Lösung für die CT-Scan-Analyse, die den gesamten menschlichen Körper abdeckt.17

KI, ML und das IIoT haben eine enge Verbindung. Ohne die Möglichkeiten des maschinellen Lernens wären wir nicht in der Lage, die riesigen Datenmengen sinnvoll zu nutzen, welche von Maschinen und Sensoren erfasst werden. Im Zusammenspiel mit dem IIoT und ML lassen sich dank Industrie 4.0 und Predictive Maintenance Optimierungen in der Automatisierungsbranche vorantreiben.18

KONUX ist einer der Gewinner der McKinsey Awards für Digitale Innovationen. Das Unternehmen bietet Lösungen zur Anomalie-Detektion aus Sensordaten an. Dabei lernt das cloudbasierte KI-System kontinuierlich aus Alarmszenarien. Es verbessert so die Gesamtperformance des Systems und liefert Empfehlungen für optimierte Wartungspläne und längere Asset-Lebenszyklen.19

KI hält Einzug im Edge

Einer der bedeutendsten Trends im Jahr 2017 war die Dezentralisierung der KI: In sogenannten Edge-Devices halten immer mehr Intelligenz und KI-Funktionalität Einzug. Um die KI in Anwendungen wie Smartphones oder Autos nutzen zu können, ist es unerlässlich, dass Daten direkt in einem Gerät verarbeitet werden können und nicht an die Cloud gesendet werden müssen. Dies ist in Echtzeitanwendungen, in denen Latenzzeiten kritisch sind, von hoher Bedeutung und oft sogar unverzichtbar. Es wäre beispielsweise nicht zielführend, wenn ein selbstfahrendes Auto Daten aus einem Sensor oder einem Verkehrsschild erst an einen Server senden und auf die Antwort warten müsste, bevor es eine Entscheidung trifft. Ein bekanntes Beispiel war 2017 die neue Gesichtserkennung auf dem iPhone8. Mit der „neuronalen Maschine“, die Apple im iPhone 8 und iPhone 10 implementierte, „lernt“ das Gerät Ihre Gesichts-ID und kann diese auf dem Gerät verarbeiten, ohne Daten an die Cloud zu senden.

Segmentierung der KI nach Branche und Edge vs Cloud Computing

Es gibt bereits etliche Übersichten über Machine-Intelligence-Landschaften nach Unternehmen und Branche, doch diese lassen sich nur schwer auf die erforderliche Deployment-Umgebung abbilden. Im Rahmen dieser Arbeit lässt sich anhand eines solchen Modells jedoch gut identifizieren, welche Halbleiterarchitekturen sich für spezielle Anwendungen und Branchen am besten eignen. Zudem können Unternehmen damit ihre Vertriebs- und Marketingaktivitäten speziell auf die Bereiche der KI-Landschaft ausrichten, die am meisten von dem Wachstum profitieren können.

Dieses neue Segmentierungsmodell sollte die neuesten Trends (siehe Abschnitt „KI hält Einzug im Edge“) und Aspekte der Softwarekomplexität berücksichtigen. Moor Insights & Strategy hat dies zum Teil in dem Bericht "A Machine Learning Application Landscape and Appropriate Hardware Alternative”20 adressiert. Dieses neue Machine Learning Segmentierungsmodell bildet Anwendungen ab, die mittels einer dieser Datenverarbeitungsmethoden entwickelt und umgesetzt werden:

  • Cloud-gehostete Anwendungen: Laufen meist in der Cloud und sind äußerst softwarezentrisch programmiert, ohne Einschränkungen bei Leistung und Latenz.
  • Edge-Anwendungen: Laufen meist in der Netzwerkperipherie oder eigenständig; meist mit harten Anforderungen an Leistung und Latenz. Die Software ist eingeschränkter und hardwarenäher (Embedded-Software).
  • Hybrid-Anwendungen: Erfordern eventuell ein Edge-Gerät (IIoT) für die Anbindung an die Cloud; der Use-Case ist abhängig von der endgültigen Anwendung; somit entweder nur auf der einen oder auf der anderen Seite einsetzbar.

Bild 4 zeigt die Segmentierung 6 wichtiger Branchen auf der Y-Achse und die Methode der Datenverarbeitung auf der X-Achse sowie verschiedene Use-Cases und mögliche Anwendungen. Eine rote Schräglinie gibt zudem an, inwieweit softwarebedingt Einschränkungen bei der Entwicklung bestehen. Das Bild vermittelt anschaulich die Komplexität und Einschränkungen bei der Softwareentwicklung für diese Systeme sowie die Konstanten zu der darunter liegenden Hardware. Die Softwareentwicklung für Embedded-Systeme ist meist komplexer und abhängiger von der Hardware, auf der die Software ausgeführt wird. Darüber hinaus gibt dieses Modell einen Hinweis darauf, welche Fähigkeiten ein Entwickler (HW-Entwickler, Embedded-SW-Ingenieur, High-Level SW-Anwendungsentwickler, …), der Produkte für diese Anwendungsfälle erstellt, haben sollte.

Alle im Modell dargestellten Use-Cases könnten ML mittels eines vortrainierten neuronalen Netzwerkes einsetzen. Es ist noch schwierig, die entsprechenden Marktsegmente vom Umfang her abzuschätzen. Jeder dieser Use-Cases hat jedoch gutes Potential, und das ist für sehr viele Lösungsentwickler sowohl bei renommierten Unternehmen als auch bei hunderten von Startups weltweit von großem Interesse.

Analyse: Europäische KI-Landschaft und KI-Startups

Bild 5: EMEA KI-Startups nach Land (nur die wichtigsten).
Bild 5: EMEA KI-Startups nach Land (nur die wichtigsten).
(Bild: Jens Stapelfeldt, MBA Research, EMEA KI/ML-Startups)

Nachfolgend wird die europäische KI-Landschaft näher beleuchtet. Wie eingangs erwähnt, beschränken sich die hohen Investitionen in KI und ML nicht nur auf große und renommierte Konzerne. Für Startups in zahlreichen Branchen bedeutet die KI-Technologie eine enorme Möglichkeit, sich zu etablieren oder einen Käufer zu finden.

Für die diesem Artikel zugrunde liegende Master-Arbeit wurde sich in einer 12 Monate langen durchgeführten Analyse hauptsächlich auf KI-Startups konzentriert. Diese wurden nach Branche kategorisiert und untersucht, inwiefern sie vonauf Künstliche Intelligenz oder Maschinelles Lernen optimierte Plattformen oder Technologien profitieren würden.

Der Markt um die KI ist extrem dynamisch; Ende 2017 und durch das Jahr 2018 hindurch wurden etliche KI-Unternehmen von größeren Konzernen aufgekauft22,23.

Analyse der EMEA KI-Startups nach Land

Aus der erwähnten Analyse gingen Daten über etwa 560 KI-relevante Unternehmen und Startups in EMEA und Indien hervor. Ein Blick auf den Gesamtdatensatz macht deutlich, dass Großbritannien die europäische KI-Startup-Landschaft dominiert, gefolgt von zahlreichen KI-Startups in Deutschland, Russland und Israel.

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Nach einem Bericht24 von Daniel Singer über KI-Startups in Israel ist der Wert für Israel höher; sein Datensatz enthält etwa 430 KI-Startups. Der Datensatz ist nicht öffentlich zugänglich, daher habe ich mich auf die Daten gestützt, die ich online sammeln konnte. Da Israel für Hightech-Startups sehr erfolgversprechend und beliebt ist, gehe ich davon aus, dass der tatsächliche Wert über dem der Israel-Teilmenge in meinem Datensatz liegt.

Der erste Bericht über die russische KI-Landschaft wurde erst im Dezember 2017 veröffentlicht; darin ist von 150 KI-Startups25 die Rede. Ich habe diese analysiert und viele davon in meinen Datensatz aufgenommen. Etliche dieser Firmen sind jedoch F&E-Niederlassungen von Firmen außerhalb Russlands. Daher und auch angesichts der Einschränkungen von LinkedIn habe ich nur 80 russische Startups in meinen Datensatz übernommen.

In Europa gibt es zahlreiche Hotspots für KI-Startups, die meist eng an Universitäten angebunden sind. London liegt hier weit vorne, gefolgt von Moskau, Berlin, Paris und Tel Aviv. Auf LinkedIn sehen wir 18.727 theoretische Kontaktpunkte. Wenn wir diese auf die Priorität 1-3 eingrenzen, ergeben sich immer noch 17.146 Personen, die wir auf LinkedIn kontaktieren oder ansprechen können.

EMEA KI-Startups nach Branche und Edge vs Cloud Computing

Ein Blick auf den Gesamtdatensatz nach Branche kategorisiert zeigt, dass Startups im Bereich Data Analytics vorne liegen, gefolgt von Bilderkennung, Gesundheitswesen, Vertrieb und Marketing und sonstige.

Die meisten Startups (56%) bieten Produkte an, die auf Cloud Computing basieren. Allerdings ist in manchen Branchen die Präferenz für Edge oder Cloud Computing nicht immer ganz klar ausgeprägt. In Branchen wie Bilderkennung, Robotik, Prozessautomatisierung und IIoT ist eine Tendenz zu Edge Computing erkennbar. Branchen wie Data Analytics, Vertrieb und Marketing, Customer Service und sprachgesteuerte KI fußen dagegen meist eher auf Cloud Computing.

Eine weitergehende Analyse liefert vertriebsrelevante Hinweise zur KI-Landschaft in den jeweiligen Regionen. EMEA wurde zu diesem Zwecke in folgende Regionen unterteilt:

1. UK und Irland
2. DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz)
3. Russland
4. Israel
5. Frankreich
6. Benelux
7. Südeuropa
8. Osteuropa (Polen, Ungarn, Tschechien, Slowenien)
9. Nordeuropa (Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland)
10. Indien

In diesem Beitrag betrachten wir nur Deutschland in näherem Detail.

Wirtschaftliches Potential für KI in DACH

Laut dem McKinsey Global Institute (MGI)26 können in Deutschland mindestens 30% der Aktivitäten in 62% der Berufe automatisiert werden – ein Wert ähnlich wie in den USA27. Dem McKinsey-Bericht zufolge hat sich KI als wichtigster Antreiber der Automatisierung herauskristallisiert – dank Weiterentwicklungen in Bereichen wie der natürlichen Sprachverarbeitung oder visuellen Objekterkennung.

Für Industrienationen wie Deutschland, mit einem hohen BIP pro Kopf und Herausforderungen wie z.B. einer alternden Bevölkerung, gilt es, sich mehr und mehr auf KI-basierte Automatisierung zu fokussieren, um die angestrebten BIP-Ziele zu erreichen. Das deutsche BIP-Ziel für 2030 hängt zu etwa einem Drittel von einer Produktivitätszunahme ab. Automatisierung getrieben durch KI ist eine der wichtigsten Faktoren für Produktivität. Wenn Deutschland sich bei den Early Adopters einreiht, könnte das BIP-Ziel für 2030 sogar um 4% übertroffen werden. Laut einem Accenture-Bericht könnte Deutschland mit KI bis 2035 eine zusätzliche Bruttowertschöpfung von 1,1 Billionen US$ erzielen28. Den größten Beitrag zur Wertschöpfung wird die intelligente Automatisierung leisten. Im Zusammenspiel mit Industrieinitiativen wie Industrie 4.0 bietet der Advanced Manufacturing Sektor gute Voraussetzungen für die Integration KI-basierter Systeme und Technologien in Fertigungslinien und -prozesse.

Analyse: DACH KI-Startup-Landschaft nach Zahlen

In der Region DACH dominiert Deutschland mit 80 KI-basierten Startups. Viele dieser Firmen sind sehr Software- bzw. Service-orientiert (Softwareentwicklung, Customer Service, Kommunikation), darunter Acrolinx, Explosion AI, Deckard A.I. oder Resa. Sie bieten Produkte oder Dienstleistungen zur Optimierung des Customer Service basierend auf Big Data und Natural Language Processing (NLP) an. Das KI-Startup Weps bietet z.B. Softwaremodule zur Erstellung von Chatbots an.

Für Xilinx interessantere Unternehmen finden sich in den Bereichen Bilderkennung, IoT, Prozessautomatisierung oder Robotik. German Autolabs Berlin, KONUX oder Micropsi Industries beispielsweise laden zu einer genaueren Betrachtung ein.

Für ein kleines Land wie die Schweiz sind 22 Startups recht beträchtlich. Mit einigen FinTech-Firmen sollte man sich eingehender beschäftigen (z.B. Sentifi, InvestGlass oder Invacio).

Beispiele für besondere KI/ML-Startups in der DACH-Region

Kortiq ist ein in München ansässiges Technologie-Startup. Mit einem Team engagierter Designer und Architekten sowie mehr als 10 Jahren Erfahrung im Deep Learning und Machine Learning entwickelt das Unternehmen mit seinem Deep Learning Prozessor AIScale universelle, anwenderfreundliche ML-Inferenzplattformen basierend auf FPGAs und SoCs mit extrem geringer Leistungsaufnahme. Dabei werden neue Maßstäbe in Sachen Formfaktor und Geschwindigkeit gesetzt. Das erste Kortiq-Produkt, der Deep Learning Prozessor AIScale mit seiner von Grund auf neu entwickelten Architektur und DeepCompressor- und All-Zero-Skipping-Technik unterstützt alle neuronalen Netzschichten und ermöglicht darüber hinaus ein dynamisches Umschalten zwischen neuronalen Netzen innerhalb weniger Taktzyklen. Seine Genauigkeit lässt sich zudem für 8 bis 16 Bit konfigurieren. Als effiziente und wirtschaftliche Lösung bietet der Deep Learning Prozessor AIScale ein beispielloses Preis-/Leistungsverhältnis im Bereich der FPGA-basierten Machine Learning Inferenz.

Das Unternehmen KONUX mit Firmensitz in München kombiniert intelligente Sensoren mit KI-basierter Data Analytics und unterstützt Unternehmen der Bahntechnik bei der Implementierung von Predictive Maintenance Lösungen. KONUX entwickelt End-to-End-Lösungen zur Steigerung der betrieblichen Effizienz. Kunden profitieren von der Implementierung von KI-Technologie zur kontinuierlichen Überwachung der Infrastruktur, die eine vorausschauende Planung von Wartungsarbeiten ermöglicht.

F&P Robotics: Kollaborative Roboter sind Roboter, die direkt mit Menschen an ihrem Arbeitsplatz zusammenarbeiten. P-Rob ist die optimale Lösung für Robotikanwendungen, bei denen der Roboter direkt neben Mitarbeitern und in sich laufend ändernden Umgebungen eingesetzt wird. 2015 wurde die nächste Generation von P-Rob entwickelt; P-Rob 2 wurde im Dezember 2015 offiziell lanciert. Nicht nur das Design wurde komplett überarbeitet, sondern es wurden auch Aspekte der Robustheit, Stabilität und Sicherheit ergänzt. Gleichzeitig wurde auch die Software weiterentwickelt. Das Softwarekonzept myP 1.2 wurde um neue Eigenschaften erweitert und verbessert. Die intuitive und einfache Art der Kontrolle, das intrinsische Sicherheitskonzept und die hohe Akzeptanz seitens der Mitarbeiter machen P-Rob zum perfekten Kollaborator.

Die KI/ML-Landschaft in Deutschland

In der europäischen KI-Startup-Landschaft ist Großbritannien am stärksten, und London ist der Dreh- und Angelpunkt. An zweiter Stelle steht Deutschland, dicht gefolgt von Russland und Israel (unter Berücksichtigung realistischerer Zahlen). Dann kommen die nordischen Länder, Frankreich, Benelux und viele weitere europäische Ökosysteme. Die Zahlen zeigen, dass Deutschland einen Rückstand im KI-/ML-Wettlauf hat. Es gilt, diesen Rückstand aufzuholen und Startups stärker zu unterstützen.

Die letzten Industrie-4.0-Initiativen des BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung)29 sind in diesen Zahlen jedoch noch nicht enthalten. Auch haben einige der großen deutschen Industriekonzerne wie Siemens, BMW, Bosch, SAP oder die Telekom Spinoffs, die sich näher mit KI/ML befassen, ins Leben gerufen. Meist sind dies kleinere Unternehmen mit 10 bis 15 Mitarbeitern; als Beispiele seien hier empolis, SemVox und AgroLinks genannt.

Aus all diesen Daten lässt sich vor allem schlussfolgern, dass das große Potential der KI-Technologie bereits erkannt wurde und sich diese Technologie schon in zahlreichen Anwendungen findet, die oft hochkomplex und softwarezentrisch sind. NVIDIA und andere große Prozessorhersteller wie Intel und AMD sind für die meisten Unternehmen die erste Wahl. KI-basierte Technologien werden jedoch inzwischen auch mehr und mehr im Edge implementiert. Auch Xilinx ist in vielen dieser Bereiche präsent und mit der kürzlich erfolgten Übernahme des KI/ML-Unternehmens DeePhi Tech30 und sowie entsprechend auf KI und ML optimierte Plattformen (ALVEO31 und Versal32) gut platziert.

Dieser Beitrag stammt aus dem Tagungsband des Embedded Software Engineering Kongress 2018 und wird hier mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentlicht. Übersetzung: Sabine Pagler.

Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Recorded Interview at the Internet Association gala in Washington DC

2. Arjun Kharpal (May 2017) CNBC: "A.I. is in a ‘golden age’ and solving problems that were once in the realm of sci-fi, Jeff Bezos says"
3. Andrew Ng (March 2017), Insights by Standford Business, Why AI Is the New Electricity
4. Moor Insights & Strategy (March 2017), A Machine Learning Application Landscape
5. CB Insights (June 2017), The state of artificial intelligence
6. McKinsey Global Institute, (June 2017), Artificial Intelligence, The Next Digital Frontier
7. CB Insights (Feb 2018), Top AI Trends to watch in 2018
8. Clean Technica, (June 2017), 2020 Tokyo Olympics Plan For Self-Driving Cars
9. Accenture Research (2017), Industry Spotlights - How AI boosts Industry Profits and Innovation
10. HBR (Nov. 2016); The Competitive Landscape for Machine Intelligence
11. O'Reilly (Nov. 2016), The current state of machine intelligence 3.0
12. CB Insights report (Feb. 2017), The state of AI 2017
13. McKinsey Global Institute, (June 2017); AI the next digital Frontier (page 11);
14. McKinsey Global Institute, (June 2017); AI the next digital Frontier (page 14);
15. CB Insights report (Feb. 2017) The state of AI 2017 (page 14)
16. Kensh Technologies; LinkedIn company profile
17. LinkedIn (Feb 20, 2018); Aidoc Introduces the World’s First Comprehensive AI Solution for Analysing CT Scans for the Entire Human Body
18. Dan Issacs (Jan. 2017), Industrial Internet Consortium; Making Factories Smarter Through Machine Learning
19. McKinsey report (2017): Smartening up with Artificial Intelligence (AI) -What’s in it for Germany and its Industrial Sector? (S. 24)
20. Moor Insights & Strategy (March 2017); A Machine Learning Application Landscape
21. Moor Insights & Strategy (March 2017); A Machine Learning Application Landscape (page 2);
22. Scott Carey, (Oct. 2017); The biggest AI and machine learning acquisitions 2017
23. Christina Mercer, (Feb. 2018), Tech giants investing in artificial intelligence
24. Daniel Singer (Sep. 2017); Israel’s Artificial Intelligence Startups
25. Mikhail Burtesv & Co, (Dec. 2017); Artificial Intelligence in Russia, First Edition Analytical Report.
26. McKinsey (2016); Smartening up with Artificial Intelligence (AI) - What’s in it for Germany and its Industrial Sector?
27. McKinsey & Company (Jan. 2017), “A future that works: Automation, Employment and Productivity"
28. Mark Purdy & Paul Daugherty (2016); Artificial Intelligence heralds dramatic potential for growth
29. Industrie 4.0 initiatives from the BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung
30. Xilinx Announces the Acquisition of DeePhi Tech
31. Xilinx.com: Adaptable Accelerator Cards for Data Center Workloads
32. Xilinx.com: Xilinx Unveils Versal: The First in a New Category of Platforms Delivering Rapid Innovation with Software Programmability and Scalable AI Inference

* Jens Stapelfeldt ist als Technical Sales Lead in Europa für Xilinx tätig.

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