Modellierung

Beschleunigt oder bremst MBSE die Entwicklung von 500 kW Bremsleistung?

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Rückblick – Wie ist es gelaufen?

In Schulnoten: Gut. Zwar nicht sehr gut, aber besser als befriedigend allemal. Soviel kann als Resümee auf jeden Fall gesagt werden.

Was sind die Gründe, weshalb der Einsatz von MBSE im Projekt rückblickend nicht als sehr gut zu sehen ist. Hier gibt es ein paar Punkte, die nennenswert sind und die für zukünftige Aufgabenstellungen als Ansatzpunkte zur Optimierung genutzt werden können.

Die Mehrzahl der Entwicklungsprojekte läuft bei der enders Ingenieure GmbH (noch) ohne den Einsatz von MBSE ab. Die etablierten und gelebten Arbeitsprozesse sind hinsichtlich der Verwaltung und Bereitstellung von Projekt-Informationen dokumenten-orientiert. So sind Stücklisten von Bauteilen und Komponenten eine saubere Materialbeschaffung und die Durchführung von Montagen unumgänglich.

Durch die gleichzeitige Verwendung des Modells und der Stücklisten kommt es aber zwangsläufig zu einer Daten-Redundanz, da Elemente und Einzelpunkte der Stückliste zum Teil Elementen im Modell entsprechen und vice versa. Diese Tatsache stellt einen Widerspruch zum prinzipiellen MBSE Ansatz dar. (Bild 8)

Ein weiterer Kritikpunkt, der allerdings eher die Kommunikation und Vermarktung betrifft, ist die Tatsache, dass SysML Diagramme für eine absolute High-Level Darstellungs¬weise etwas zu abstrakt sind. In der Kommunikation mit dem Endkunden oder Projekt-Fremden ist es erfahrungsgemäß wichtig mit einer Bild-Ebene einzusteigen und zu arbeiten.

D.h., tatsächliche grafische Darstellungen von Objekten zu verwenden und nicht nur abstrakte Kästchen. Damit wird eine Misch-Modellierung notwendig, bei der solche High-Level Übersichtsdiagramme mittels nicht-formaler Modellierung dargestellt werden (siehe Bild 8).

Zu den positiven Aspekten des MBSE Einsatzes gehört u. a. der positive Einfluss auf die Durchführung der Konzeptphase. Anhand des Modells konnten alle Informationen disziplin-übergreifend schnell gesammelt und konsolidiert werden. Das Modell an sich wurde in regelmäßigen Besprechungen als Kommunikations-Grundlage verwendet und stellte damit eine solide Basis für den Austausch dar. Das Projektteam konnte auf diese Weise organisch verzahnt werden.

Ein weiterer Vorteil des Modells war die enthaltene Software Architektur. Da diese bereits in einer sehr frühen Projektphase ausgearbeitet und festgehalten wurde, konnte die Implementierung der Steuerungs-Software ohne größere konzeptionelle Vorarbeiten starten. Der Fortschritt und Stand der Implementierung konnte anhand des Modells stets transparent nachvollzogen werden.

Abschließend wird noch auf das Verhältnis von Aufwand und Nutzen eingegangen und die Fragestellung, ob sich der Einsatz von MBSE in knapp kalkulierten Projekten lohnt. Für Entscheidungsträger sind dies die wichtigen Fragestellungen. Gleichzeitig lassen sie sich aber nicht ohne weiteres pauschal beantworten.

Basierend auf dem vorgestellten Projekt kann geschlussfolgert werden, dass sich der Einsatz gelohnt hat. Es konnte ein sauberes technisches Detailkonzept erarbeitet werden. Dabei ist es sehr wahrscheinlich, dass einige späte Fehler ausgeschlossen und vermieden werden konnten.

Das Verhältnis von Aufwand und Nutzen fiel positiv aus. Im Nachhinein ist es schwierig zu sagen, wieviel Aufwand allein dem Einsatz von MBSE zuzurechnen ist. Wenn es aber um die reine Arbeit am Modell geht, liegt man wohl im Bereich von einigen Wochen. In Anbetracht der Gesamtlaufzeit des Projekts ist diese Investition mehr als gerechtfertigt.

Die anfänglich noch reservierten Verantwortlichen sind durch den Projektfortschritt und die erzielten Ergebnisse zu wahren Verfechtern von MBSE geworden. Es wurde klar erkannt, dass der Nutzen höher als der Aufwand ist.

Das Resultat: MBSE beschleunigt

Zum Abschluss darf die Auflösung der Fragestellung aus dem Titel des Beitrags natürlich nicht fehlen: MBSE beschleunigt die Entwicklung von 500 kW Bremsleistung!

* Thomas Rogalski ist bei der enders Ingenieure GmbH in Ergolding als Projektleiter und Leiter des Geschäftsfelds Embedded Systeme und Steuerungstechnik tätig. Parallel dazu lehrt er als Dozent an der HAW Landshut im Studiengang Master of Systems Engineering Methodiken der Systemmodellierung.

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