Selbstfahrende Autos Autonomie ist wie Glücklichsein
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Der Weg hin zum autonomen Fahren ist lang, seit Jahren befinde ich mich auf dieser Reise. Ich habe meinen Doktor in einem Roboter-Labor in Stanford gemacht und ich bin CEO von Real-Time Innovations (RTI) mit Erfahrungswerten mit über 250 selbstfahrenden Fahrzeugmodellen. Aus Anlass des Niedergangs von Argo AI möchte ich einen Ausblick auf die Branche präsentieren.

Bevor ich näher auf diesen Vergleich eingehe, machen wir einen Schritt zurück und betrachten den Technologiezyklus an sich. Der vor langer Zeit veröffentlichte Gartner "Hype Cycle" sieht folgendermaßen aus:
Gartners "Hype Cycle" lässt sich auf alle Technologien anwenden, von Elektrizität über Handys hin zu fahrerlosen Autos. Dieser Zyklus ist völlig vorhersehbar: Eine Technologie erscheint auf der Bildfläche, die Fantasie weckt übertriebene Erwartungen, Investoren springen auf den Zug auf, und die Presse bejubelt sie als das nächste ganz große Ding. Dann tauchen die unerwarteten Schwierigkeiten auf, Investoren springen wieder ab und die Presse verliert sich in Schwarzmalerei. Dennoch reift die Technologie zu einem nützlichen Bestandteil für die Gesellschaft heran. Und das braucht Zeit.
Dieser Ablauf ist normal, er ist sogar regelrecht unvermeidlich. Also bloß, weil wir im Jammertal angekommen sind, ist nichts falsch an der Autonomie. Ganz im Gegenteil, wir befinden uns nur im nächsten Abschnitt der natürlichen Entwicklung. Leider interessiert sich kaum jemand für die Abläufe und wenn der Höhepunkt der Produktivität erreicht ist, gilt das Interesse der Presse den großen Unternehmen und dem Big Business. Gewinner sind die, die weitermachen und den "Hype Winter" durchstehen. Von außen betrachtet, sind die Dinge unmöglich, bis sie einfach funktionieren.
Wir bei RTI haben dies in so einigen Aspekten der Autonomie erlebt. Unsere über 250 Fahrzeuge sind nicht größtenteils straßentaugliche Personentransportmittel. Dazu gehören Drohnen, Gabelstapler, Bergbau-LKWs, Unterwasserroboter, militärische Bodenfahrzeuge, Lagerhaus-Lieferroboter, städtische Nahverkehrssysteme und automatisierte Helikopter. Auch unsere beinahe 2000 anderen Anwendungen entwickeln sich beständig zu mehr Autonomie, und zwar in Branchen wie Gesundheitswesen, Verteidigung, Robotik und Energietechnik. Viele dieser Anwendungen sind nicht mehr visionäre Technologien, sondern bereits etablierte Systeme, die übrigens schon allesamt den "Hype Cycle" durchlaufen haben.
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Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied, und genau hier kommt auch das Glücksgefühl ins Spiel: Viele sehen Autonomie als eine reine dafür / dagegen Entscheidung oder vielleicht auf deiner fünfstufigen Skala von Level 1 bis Level 5. Das ist zu einfach gedacht. Autonomie ist eine Frage des Grades. Die beste Definition von "mehr Autonomie" ist "fähig, für längere Zeit unabhängig zu funktionieren". Das ist ähnlich wie die beste Definition von Happiness, nämlich: "in der Lage sein, das Leben für einen längeren Zeitraum zu genießen". Man kann also genauso nicht "vollständig autonom" sein, genauso wenig wie "völlig glücklich". Bei beidem gibt es immer Luft nach oben.
Damit ist die Analogie noch nicht zu Ende. Sowohl Autonomie als auch Glück hängen auch stark von der Umgebung ab. Man kann in seinem friedlichen Zuhause glücklicher sein als im Arbeitschaos (oder auch umgekehrt). In einer kontrollierten Autobahnumgebung kann ein Fahrzeug autonomer fahren, als auf einer verschneiten oder sonst wie chaotischen Straße mitten in einer Stadt. Tatsächlich kann man über keines der beiden Konzepte wirklich sprechen, ohne die Umgebung zu berücksichtigen, in der es eingesetzt wird.
Und es gibt noch weitere Berührungspunkte: Sowohl Autonomie als auch Happiness hängen an den daran geknüpften Anforderungen. Bei Überlastung stürzt beides in sich zusammen. Beides braucht gelegentlich Unterstützung von außen – das Glück von Familie und Freunden und die Autonomie durch die Möglichkeit einer Fernsteuerung. So zerbrechlich Autonomie und Glück auch wirken mögen, kann doch Glück beinahe jeden Lebenseinschnitt überstehen, und die Autonomie kann und wird sich weiterentwickeln und auch die unvermeidlichen Kinderkrankheiten überleben.
Viele Leute verweisen immer wieder auf die Sicherheitsrisiken des autonomen Fahrens. Als ehemaliger Sicherheitsforscher in der Automobilindustrie behaupte ich in aller Bescheidenheit, dass dies nicht die größte Herausforderung ist. Alle technischen Entwicklungen beinhalten Risiken und erleiden Verluste – Raumfahrt, Energiegewinnung und die Automobilbranche an sich eingeschlossen. Aber was ist die Alternative? Leider allzu häufig unzulängliche, abgelenkte oder auf irgendeine Weise beeinträchtigte menschliche Fahrer. Die Messlatte für die Autonomie sollte darin bestehen, die erschreckende Sicherheitsbilanz des Menschen zu übertreffen. Autonome Fahrzeuge werden immer Fehler machen, die menschliche Fahrer nicht machen würden. Aber auch menschliche Fahrer machen Fehler, die Computer nicht machen würden. Und in vielen Umgebungen ist der Grenzwert nicht so hoch. Letztendlich werden sich Autonome Fahrzeuge als sicherer – viel sicherer – erweisen als menschliche Fahrer.
Beides, Glück und Autonomie, brauchen Zeit. So wie manch melancholischer Teenager die Mühsal der Jugendzeit ausleben muss, gibt es auch für die Autonomie keine schnellen "Wunderlösungen". Höhere Level der Autonomie werden Jahre und Jahrzehnte an Entwicklung brauchen. Aber genau wie bei unserem Teenager ist Wachstum unvermeidlich. Die Technologie ist so überzeugend, dass sich nicht die Frage des "ob", sondern nur des "wann" stellt. Der Teenager wird heranwachsen. Und in ein paar Jahrzehnten der Erfahrung wird die Technologie heranreifen.
Die Branchenveteranen der Industrie haben das bereits realisiert. Ich selbst bin Teil der Autonomous Vehicles Computing Consortium (AVCC). Für uns ist es erwiesen, dass der Weg zur Autonomie ein jahrzehntelanger ist. Die kurzfristige Herausforderung sind nicht perfekte Algorithmen – es geht vielmehr darum, Software gesteuerte Fahrzeugstrukturen (SdV) zu entwickeln, die sich autonom entwickeln können.
Die kommerziellen Ambitionen für autonomes Fahren im öffentlichen Straßenverkehr sind keine fünf Jahre alt. Also abhängig von den Umgebungsbedingungen ist ein nutzbarer autonomer Betrieb sowohl in weniger als fünf, als auch in mehr als fünfzig Jahren möglich.
Eine Voraussetzung ist die SdV-Rechenumgebung (Software-defined Vehicle), die jetzt schon definiert werden kann. Mit dieser Basisarchitektur werden wir meiner Meinung nach jedes Jahr mehr praktische Anwendungen für die Autonomie erleben... für mindestens fünfzig weitere Jahre.
Erlauben Sie mir einen letzten Vergleich: Beides, Glück und Autonomie, stellen wichtige Ziele dar. Das Streben nach Glück ist DER Treibstoff der menschlichen Natur und seit der Entwicklung des ersten Thermostats treibt das Streben nach Autonomie die Technologie voran. Also, können Sie in zehn Jahren glücklicher sein als jetzt? Klar können Sie das. Und ebenso sicher wird die Autonomie in den nächsten zehn Jahren zunehmen - und in den Jahren danach und in den Jahren danach. Autonomie kann die Welt sicherer, erschwinglicher und besser für alle machen. Und das sollte Sie glücklich machen. Oder glücklicher.
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Ausflug in die Zukunft
Wie Software für intelligente Maschinen unsere Welt verändern wird
(mbf)
* Stan Schneider ist CEO bei Real-Time-Innovations (RTI), dem größten Software Framework Anbieter für smarte und Echt-Welt-Systeme. Er hat einen Doktortitel in EE/CS von der Stanford University und verweist auf Erfahrungswerte von über 250 selbstfahrenden Fahrzeugmodellen. Zusätzlich ist Stan Mitglied des Beirats des IoT Solutions World Congress und der Vorstände des Teleoperations Consortium und des Autonomous Vehicle Computing Consortium (AVCC).
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