Agile Projekte mit Scrum effizient und einfach starten

Autor / Redakteur: Benjamin Roschanski und Adrian Kubitza* / Stephan Augsten

Will man ein Software-Projekt beginnen, sind die Anforderungen in der Praxis so unterschiedlich wie die Unternehmen, Mitarbeiter und Projekte selbst. Dieser Beitrag zeigt ausgewählte Ansätze auf, wie Sie Ihrem agilen Projekt einen optimalen Start verleihen, indem Sie vorausschauend Potenziale nutzen und Fehler vermeiden.

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Agile Software-Projekte sind keine Selbstläufer, der erste Scrum Sprint will gut vorbereitet sein.
Agile Software-Projekte sind keine Selbstläufer, der erste Scrum Sprint will gut vorbereitet sein.
(© Asha Sreenivas - stock.adobe.com)

Beim Beginn agiler Projekte herrscht zumeist große Euphorie: „Wir haben das Team zusammengestellt, das Budget ist freigegeben und alle Zeichen stehen auf Start – ab jetzt wird das ein Selbstläufer!“

Natürlich ist es erstmal gut, den Projektstart mit einer positiven Grundstimmung anzuschieben. Genau in der Anfangsphase werden allerdings die Weichen gestellt, ob das Projekt einen wünschenswerten Verlauf einschlägt oder auch nicht. Umso genauer müssen alle Beteiligten hinsehen, wenn es darum geht, den Start ihres agilen Projekts zu strukturieren und ins Ziel zu bringen.

Eine einheitliche Handlungsempfehlung kann man aufgrund der eingangs erwähnten Diversität von Unternehmen und ihren Projekten kaum geben. Die Erfahrungswerte zeigen aber, dass sich bestimmte Werkzeuge und Taktiken auf ein sehr weites Feld an Einsatzszenarien übertragen lassen. Grundsätzlich teilt sich der strukturierte Ansatz für den Start agiler Projekte in vier Phasen auf:

  • Vorhabensphase,
  • Initialisierungsphase,
  • Anlaufphase und
  • Stabilisierungsphase.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass es sich dabei keineswegs um starre Regeln oder Raster handelt, die „auf Biegen und Brechen“ zu befolgen sind – genau das würde der Philosophie der Agilität zuwiderlaufen. Vielmehr geht es um die funktional sinnvolle Anwendung.

Für die jeweilige Zielsetzung der Phasen kommen nun unterschiedliche Werkzeuge zum Einsatz, die dazu geeignet sind, eine Brücke von der Theorie agiler Methoden zu den konkreten Rahmenbedingungen, den Strukturen und Kulturen im Unternehmen und nicht zuletzt den handelnden Menschen zu schlagen, welchen wir oft in der Praxis begegnen.

Die Vorhabensphase: Projektvision, Transparenz und Teamaufbau

Die Vorhabensphase findet zwischen der Idee und dem offiziellen Projektstart statt. Es sind oft nur wenige Mitarbeiter involviert. Zielsetzung der Phase ist, den strategischen Rahmen abzustecken, innerhalb dessen die fachliche Umsetzung stattfindet. Inhaltlich stehen drei initiale Punkte im Vordergrund:

1. Die Formulierung der Projektvision

Zunächst müssen sich die Verantwortlichen über die Zielsetzung des Projekts verständigen. Eine klar definierte Projektvision hilft den Entwicklern dabei, immer ein Resultat vor Augen zu haben, auf welches sie hinarbeiten können. Hierbei ist es nützlich seine Stakeholder zu identifizieren und deren genauen Ziele und Wünsche zu kennen. Ein Workshop, z.B. mit Methoden aus dem Design Thinking, bietet dabei zumeist einen guten Einstieg. Wer darin mit einbezogen wird, hängt vom jeweiligen Projektumfang ab.

2. Der Aufbau des Teams

Bereits in dieser Phase ist der Teamaufbau zu planen. Sind externe Dienstleister Teil des Teams, sollte mindestens ein Vertreter des Kunden mit eingebunden sein. Diese Rolle sichert eine reibungslose Kommunikation, zum Beispiel in Bezug auf Knowhowtransfer sowie die Sicherstellung von internen Richtlinien. Das Team sollte crossfunktional und interdisziplinär aufgestellt sein, damit alle wesentlichen Bereiche wie Testing oder UI mit dem entsprechenden Know-how hinterlegt sind.

Ein Richtwert für Teamgröße bei agilen Projekten ist sieben Mitarbeiter, plus oder minus zwei. Auch bei Großprojekten hat es sich bewährt zunächst mit nur einem Team zu starten. Sollte es wirklich notwendig sein, lässt sich später auf mehrere Teams aufstocken. Die Teammitglieder sollten ein agiles Mindset mitbringen (z.B. Verständnis des Agiles Manifests und der Scrum Values).

3. Schaffen einer Basis für Transparenz

Gerade zu Beginn des Projekts tauchen in Gesprächen viele Punkte auf, die zu einem späteren Zeitpunkt im Lebenszyklus der Anwendung wieder relevant werden. Daher braucht es ein konsequentes Informationsmanagement für die „Projektsteuerung“.

Bewährt hat sich hierfür das klassische Tool eines RAAIIDD-Logs, da es vergleichsweise leicht zu handhaben ist und sich an die jeweiligen Bedürfnisse des Projekts adaptieren lässt. Beispielsweise spielt auch im agilen Umfeld die Frage nach dem Umgang mit Risiko eine Rolle. Lässt es sich vermeiden oder vermindern und falls ja, wie?

Gerade zu Beginn eines Projekts werden einige Annahmen („Assumptions“) getroffen. Diese können sich im Verlauf der Zeit entweder bestätigen oder als falsch herausstellen. Gemäß dem Ansatz „Inspect & Adapt“ sind solche Anpassungen auch zentraler Bestandteil agiler Methoden. Dennoch sollte man diese Annahmen festhalten und regelmäßig verifizieren, um zu einem späteren Zeitpunkt keine Überraschungen zu erleben. Die Kategorie der Entscheidungen („Decisions“) dienen im RAAIIDD-Log der Nachvollziehbarkeit zu einem späteren Zeitpunkt, beispielsweise für Entwickler die neu in das Team kommen.

Werden Risiken, Annahmen und sofort von Anfang an dokumentiert, festgehalten und für alle transparent gemacht, nimmt die Wahrscheinlichkeit für Missverständnisse und falsche Erwartungen ab. Dies hat nichts mit „Cover your ass“ zu tun – Transparenz ist für einen erfolgreichen Projektverlauf grundsätzlich ein Trumpf.

Weitere Punkte, die in der Vorhabensphase zur Aussprache kommen, sind die technischen, rechtlichen und betrieblichen Rahmenbedingungen. Dies umfasst beispielsweise Non-Disclosure Agreements (NDAs), Geräteausstattung und Haftungsfragen. Ist dieser Rahmen abgesteckt, kann ein Teil des Teams bereits seine Arbeit beginnen.

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